Lebensmittelallergie – wenn Nahrungsmittel zur Bedrohung werden
Lebensmittelallergien zählen zu den Allergien, vor denen viele Menschen am meisten Angst haben. Medienberichte über Allergieschocks nach dem Konsum von Erdnüssen haben sicher dazu beigetragen. Doch extreme Folgen wie Atemnot oder gar anaphylaktische Schocks durch Nahrungsmittelallergien sind eher selten. In den meisten Fällen zeigt sich die Allergie durch Symptome wie geschwollene und juckende Schleimhäute, Verdauungsprobleme oder Hautausschlag. Natürlich sollte schon der Verdacht auf eine Lebensmittelallergie medizinisch geprüft werden, da Betroffene oftmals ihre Ernährung umstellen müssen.
In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit Nahrungsmittelallergien, ihren Folgen und möglichen Behandlungen. Damit lässt sich eine ärztliche Betreuung natürlich nicht ersetzen und Sie sollten in jedem Fall die Ärztin oder den Arzt Ihres Vertrauens aufsuchen, wenn Sie glauben, an einer Lebensmittelallergie zu leiden. Nutzen Sie diesen Artikel, um sich einen Überblick zu verschaffen – mit einem Klick auf das Inhaltsverzeichnis können Sie jeweils zum gewünschten Textabschnitt springen.
- Typische Symptome von Nahrungsmittelallergien
- Warum kommt es zu Lebensmittelallergien?
- Häufige Allergieauslöser unter den Nahrungsmitteln
- Kreuzallergien von Nahrungsmitteln mit anderen Allergenen
- Diagnose und Behandlung bei Allergien gegen Nahrungsmittel
- Nahrungsergänzungsmittel als Ausgleich bei Lebensmittelallergien
- Hyposensibilisierung bei einer Nahrungsmittelallergie?
Typische Symptome von Nahrungsmittelallergien
Die Symptome einer Nahrungsmittelallergie zeigen sich an der Haut und den Schleimhäuten, anhand von Problemen im Verdauungstrakt oder durch Atemprobleme. Auch eine Kombination verschiedener Symptome ist möglich. Erste Allergie-Symptome können wenige Minuten nach Kontakt mit dem auslösenden Lebensmittel auftreten oder sich erst nach mehreren Stunden zeigen. Die Intensität der Reaktion kann mit dem Stärkegrad der Lebensmittelallergie owie der Menge der aufgenommenen Allergene zusammenhängen. Bei einer schwach ausgeprägten Nahrungsmittelallergie löst der Konsum geringer Mengen mitunter keine spürbare Reaktion aus. Wer beispielsweise leicht allergisch gegen Hülsenfrüchte ist, wird von ein, zwei Erbsen in der Gemüsepfanne vermutlich nichts merken.
- An den Schleimhäuten zeigen sich Symptome von Lebensmittelallergien am häufigsten. Dabei sind vor allem die Mundschleimhäute betroffen, die bei der Nahrungsaufnahme unmittelbar mit dem Allergen in Kontakt kamen. Ein unangenehmes Prickeln und Jucken erfüllt Rachen und Gaumen. Auch ein Anschwellen der Mundschleimhäute ist möglich. Diese Symptome treten unmittelbar nach dem Allergen-Kontakt auf – zum Beispiel wenige Minuten nach dem Genuss eines Apfels.
- Der Verdauungstrakt kann durch Übelkeit,Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen auf Allergene aus Allergieauslösers auf und legen sich wieder, sobald die betreffenden Substanzen vollständig ausgeschieden wurden.
- Die Atemwege können ebenfalls betroffen sein, oft auch im Zusammenhang mit anschwellenden Mundschleimhäuten. Reizhusten, Heiserkeit oder ein hörbares Pfeifen beim Atmen sind mögliche Anzeichen, welche natürlich auch eine Vielzahl anderer Gründe haben können Treten diese Symptome in den Stunden nach dem Verzehr eines bestimmten Nahrungsmittels auf, können sie auf eine Allergie hinweisen. In seltenen Fällen kann eine Lebensmittelallergie ein derart starkes Anschwellen der Atemwege verursachen, dass es zur akuten Atemnot kommt.
Atemnot oder anaphylaktische Schockreaktionen bei Lebensmittelallergien sind relativ selten. Wenn sie auftreten, können sie jedoch lebensbedrohlich sein. Grundsätzlich gilt, dass Sie bei allen Atemwegsproblemen nicht zögern sollten, ärztliche Hilfe zu suchen. Bei Atemnot oder asthmatischen Anfällen sollte der Rettungsdienst alarmiert werden, denn auchein akuter Allergie-Anfall lässt sich durch Notfallmedikamente schnell stoppen. Ist eine schwere Lebensmittelallergie erst einmal diagnostiziert, können Betroffene spezielle Allergie-Notfallsets mitführen, um sich im Ernstfall selbst zu helfen zu können. So lässt sich der Wirkstoff Epinephrin mithilfe eines Applikators mit Stechhilfe direkt in den Oberschenkel injizieren, damit das enthaltene Adrenalin sich sofort entfalten und einem Allergieschock entgegenwirken kann.
Warum kommt es zu Lebensmittelallergien?
Bei einer Lebensmittelallergie greift das Immunsystem bestimmte Eiweiße an, die in der Nahrung enthalten sindund fälschlicherweise als schädlich eingestuft werden. In den allermeisten Fällen werden die allergischen Beschwerden durch sogenannte Immunglobuline (IgE) verursacht. Dies sind Antikörper, deren eigentliche Aufgabe die Abwehr von Viren, Bakterien und anderen schädlichen Stoffen ist. Sie lösen die weiter oben beschriebenen typischen Symptome von Nahrungsmittelallergien aus. In seltenen Fällen findet eine allergische Reaktion ohne IgE-Bildung statt, welche sich vor allem durch Darmbeschwerden äußert.Lebensmittelallergien sind von Lebensmittelunverträglichkeiten zu unterscheiden. Autoimmunerkrankungen oder Störungen imVerdauungssystem können ebenfalls Symptome hervorrufen, die Nahrungsmittelallergien ähneln. Die Laktose-Intoleranz entsteht beispielsweise, wenn der Milchzucker nicht korrekt verstoffwechselt wird. Die Zöliakie wiederum ist eine Autoimmunkrankheit, bei der das Immunsystem durch die Aufnahme von Gluten dazu verleitet wird, eigene Körperzellen anzugreifen. Es handelt sich jedoch nicht um eine Lebensmittelallergie.
In manchen Fällen verursachen toxische Reaktionen Symptome, die mitunter an Allergien erinnern. Befinden sich zum Beispiel Schimmelsporen in der Nahrung, können diese zu Erbrechen, Durchfall oder Vergiftungserscheinungen führen. Schimmel lässt sich auch durch Abkochen nicht unschädlich machen.
Häufige Allergieauslöser unter den Nahrungsmitteln
Folgende Nahrungsmittel und Lebensmittelbestandteile sind als häufige Auslöser für Nahrungsmittelallergien sowie Lebensmittelunverträglichkeiten bekannt und müssen per Gesetz auf Verpackungen gekennzeichnet werden. Geschäfte, in denen die betreffenden Lebensmittel unverpackt verkauft werden, müssen ebenfalls auf mögliche Allergien hinweisen.
- Eier
- Erdnüsse
- Fisch
- Krebstiere
- Lupinen
- Milch
- Schalenfrüchte
- Sellerie
- Senf
- Sesamsamen
- Sulfite (Konservierungsmittel in Trockenobst oder Wein)
- Weizen, Roggen, Hafer und andere glutenhaltige Getreidesorten
Unter den oben gelisteten Allergieauslösern verursachen Erdnüsse,Baumnüsse, Weizen, Hühnereier und Milch die meisten Allergien. Was die Milch angeht, kann es vorkommen, dass eine Laktoseintoleranz mit einer Allergie verwechselt wird. Echte Allergien gegen Milcheiweiß treten vor allem im frühen Kindesalter auf, bilden sich jedoch zumeist innerhalb weniger Jahre zurück. Unter Erwachsenen ist die Milchallergie sehr selten. Eine Nahrungsmittelallergie gegen Baum- oder Erdnüsse kann dagegen ein Leben lang anhalten. Gerade die Erdnuss ist dafür bekannt, schon durch kleine Mengen heftige allergische Reaktionen auszulösen.
Generell ist zu beobachten, dass Lebensmittelallergien, die nicht bis zur Pubertät abklingen, auch im Erwachsenenalter aktiv bleiben. Darüber hinaus treten einige Nahrungsmittelallergien erst bei Erwachsenen auf. Beispiele hierfür sind Allergien gegen Fisch oder Schalentiere, die unter Kindern extrem selten sind. Auch die Weizenallergie zeigt sich oft erst, wenn Kindheit und Jugend vorbei sind.
Kreuzallergien von Nahrungsmitteln mit anderen Allergenen
Wer gegen Lebensmittel allergisch ist, kann theoretisch eine Kreuzallergie gegen bestimmte Pollen entwickeln. Umgekehrt reagieren Pollenallergiker manchmal auf bestimmte Lebensmittel. Die Birke ist das prominenteste Beispiel für Kreuzallergien mit Lebensmitteln. Denn wer auf ihre Pollen allergisch reagiert, ist mit Lebensmitteln, oftmals auch allergisch gegen Äpfel oder anderes Obst. Wenn die Birkenpollen fliegen, agieren sie oft als Verstärker dieser Lebensmittelallergien. Es kann also sein, dass Sie stärkere Symptome beim Verzehr von Früchten spüren, als sonst. Eine weitere Kreuzallergie ist die Kombination aus Hausstauballergie und Allergie gegen Krusten- und Schaltentiere. Sie tritt jedoch weitaus seltener auf als Kreuzallergien gegen Pollen. Das Latex-Frucht-Syndrom ist eine Kreuzreaktion, die bei Latex-Allergikern beim Genuss mancher Obst-, Gemüse- oder Nusssorten auftreten kann.
Auch andere Stoffe können als Verstärker von Nahrungsmittelallergien auftreten. Alkoholgenuss oder die Einnahme mancher Medikamente verstärken mitunter die Symptome. Doch körperliche Anstrengung oder Schwächung durch eine Infektion könnten ebenfalls für heftigere Auswirkungen einer Lebensmittelallergie sorgen.
Diagnose und Behandlung bei Allergien gegen Nahrungsmittel
Problematisch ist, dass die Symptome einer Nahrungsmittelallergie vielen anderen Krankheiten oder Allergien ähneln können. Die etwa vier Prozent der Bevölkerung, die hierzulande gegen bestimmte Lebensmittel allergisch sind, schlagen sich manchmal lange mit ihren Beschwerden herum, bevor sie diese allergologisch abklären lassen. Um Lebensmittelallergien zu diagnostizieren, wird oft auf eine Kombination verschiedener Allergietests gesetzt, denen intensive Patientengespräche vorausgehen.
- Pricktest: Als einer der zuverlässigsten Hauttests wird der sogenannte Pricktest („Einstichtest“) sehr häufig zur Diagnose verschiedenster Allergien eingesetzt. Ein Tropfen Flüssigkeit mit dem zu testenden Allergen wird dabei auf die Hautoberfläche aufgebracht. Durch den Tropfen hindurch wird die Haut dann mit einer sterilen Nadel angeritzt. Das Allergen kann ins Gewebe eindringen, wo es im Falle einer bestehenden Allergie innerhalb kurzer Zeit eine Reaktion in Form von Rötungen, Schwellungen oder Quaddeln auslösen wird. Häufig wird eine ganze Reihe von Allergenen zugleich auf zuvor präparierten und durchnummerierten Hautpartien getestet.
- Bluttest: Falls die Vorgeschichte der Patienten auf eine schwere Lebensmittelallergie mit bedrohlichen Folgen schließen lässt, kann alternativ eine Blutprobe untersucht werden. Der Test im Labor ist für Patienten, bei denen schon ein Hauttest starke Reaktionen auslösen könnte, völlig ungefährlich. Im Blut lassen sich beispielsweise IgE-Antikörper nachweisen. Diese können jedoch auch durch andere Beschwerden auftreten, weshalb Blutproben allein nicht immer zu einer klaren Diagnose einer Nahrungsmittelallergie führen.
- Provokationstest: Der Provokationstest kann Gewissheit verschaffen, wenn Blutproben oder Hauttest keine ausreichenden Erkenntnisse liefern. Dieser Test muss jedoch unbedingt unter ärztlicher Erkenntnisse liefern. Dieser Test muss jedoch unbedingt unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, weil Patienten dabei eine kleine Menge des vermuteten Allergieauslösers zu sich nehmen. So wird zum Beispiel ein Lebensmittel in sehr geringer Dosis gegessen. Die allergische Reaktion beim Provokationstest kann sehr stark ausfallen – unter Aufsicht in einer Allergiepraxis lassen sich jedoch sofortige Gegenmaßnahmen ergreifen. Verständlicherweise handelt es sich hierbei nicht um die bevorzugte Diagnosemethode bei Lebensmittelallergien.
- Eliminationsdiät: Diese spezielle Diät begleitet die Diagnose für gewöhnlich, um die durch Haut- und Bluttests gewonnenen Ergebnisse zu bestätigen. Die betreffenden Nahrungsmittel werden dabei über mehrere Wochen hinweg komplett aus dem täglichen Ernährungsplan „eliminiert“. Nachdem die vermuteten Allergene lange genug ausgeschlossen wurden, findet eine gezielte, ärztlich überwachte Provokation statt. Bestätigt sich die Lebensmittelallergie, kann die Eliminationsdiät als Vorlage für eine dauerhafte Umstellung der Ernährung dienen.
Ist eine Lebensmittelallergie nachgewiesen, lassen sich gezielte Maßnahmen ergreifen, um dem Allergen zukünftig aus dem Weg zu gehen. Medikamentöse Behandlungen können nur kurzfristige Lösungen sein, um schwere Symptome zu bekämpfen. Langfristig muss die Ernährung unter ärztlicher Beratung so umgestellt werden, dass die Allergene komplett vermieden werden.
Bei Kindern und Jugendlichen bilden sich manche Nahrungsmittelallergien wieder zurück. Ihr Immunsystem lernt, die „feindlichen“ Eiweiße zu tolerieren. So sind Allergien gegen Milch, Soja oder Weizen dafür bekannt, sich im Kindesalter oft abzuschwächen oder ganz zu verschwinden. Es ist also sinnvoll, Allergietests bei Kindern und Jugendlichen von Zeit zu Zeit zu wiederholen Wenn Erwachsene eine Allergie gegen ein bestimmtes Nahrungsmittel entwickeln, lernt das Immunsystem für gewöhnlich keine Toleranz mehr. Lebensmittelallergien im Erwachsenenalter sind selten, aber meist permanent.
Nahrungsergänzungsmittel als Ausgleich bei Lebensmittelallergien
Auf manche Nahrungsmittel lässt sich problemlos verzichten – Nüsse oder Meeresfrüchte sind beispielsweise nicht nötig, um eine ausgewogene Ernährung zu garantieren. Anders sieht es bei Speisen aus, die wichtige Vitamine, Magnesium, Folsäure und andere dringend benötigte Nährstoffe liefern. Auch das ersatzlose Weglassen von Milchprodukten kann zu Mangelerscheinungen führen – es wäre gerade bei heranwachsenden Kindern höchst bedenklich. Kranke oder auch ältere Menschen benötigen mitunter sogar eine erhöhte Menge bestimmter Nährstoffe.
Nahrungsergänzungsmittel können vor allem bei der Umstellung auf eine neue Ernährungsweise helfen, die Versorgung mit dringend benötigten Mineralstoffen und Vitaminen aufrechtzuerhalten. In Fischen, aber auch in manchen Samen und Nüssen enthaltene Omega-3-Fettsäuren sind ein Beispiel für Nahrungsergänzungsmittel, die sich in Form von Pillen oder Brausetabletten einnehmen lassen. Besprechen Sie den möglichen Einsatz im Rahmen der Behandlung einer Lebensmittelallergie am besten mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.
Hyposensibilisierung bei einer Nahrungsmittelallergie?
Eine Hyposensibilisierung wie beim Heuschnupfen oder Tierhaarallergien ist im Fall von Nahrungsmittelallergien bislang nicht möglich. Manche Studien zu verschiedenen Lebensmittelallergien sind schon recht weit fortgeschritten – bis daraus zugelassene medizinische Prozeduren werden, dürfte es jedoch noch etwas dauern So läuft aktuell (Mitte 2024) eine Studie in Großbritannien, in deren Rahmen Kinder unter ärztlicher Aufsicht Nahrung essen, gegen die sie llergisch sind. Die BBC berichtete, dass ein Junge mit Erdnussallergie sogar wieder symptomfrei bis sechs Erdnüsse pro Tag essen konnte
Diese Methode birgt natürlich das Risiko von allergischen Überreaktionen. Auch liegen noch keine Langzeitdaten vor – Betroffene müssen zudem wohl damit rechnen, ihr Leben lang regelmäßig kleine Mengen des Allergens zu essen, um die neu erworbene Toleranz aufrechtzuerhalten. Der Erfolg derartiger Studien muss sich erst über Jahre der erfolgreichen Anwendung hinweg beweisen. Falls Sie Symptome einer Lebensmittelallergie an sich bemerken, ist es in jedem Fall ratsam, fachärztliche Beratung zu suchen. Viele Hausärzte, Kinderärzte, Hautärzte oder HNO-Ärzte sind zugleich auch Allergologinnen oder Allergologen. Nehmen Sie Ihre Beschwerden ernst und suchen Sie professionelle Hilfe, denn auch mit einer Nahrungsmittelallergie lässt sich noch gut leben, wenn sie erst einmal festgestellt ist.